02.12.2011. Der Verband Österreichischer Privatsender übt scharfe Kritik an der gestrigen Entscheidung der Koalition, künftig auch jene Haushalte mit ORF-Gebühren zu belasten, die den ORF mangels technischer Endgeräte gar nicht
empfangen können. „Erneut lässt die Politik dem ORF ein Körberlgeld in Millionenhöhe zukommen!“, protestiert Klaus Schweighofer, Vorstand der Styria Media Group und Vorstandsvorsitzender des VÖP.
„Zusammen mit der angekündigten Gebührenerhöhung führt dies ab 2012 zu Mehreinnahmen in Höhe von zig Millionen. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie diesen bedeutet diese Einnahmenerhöhung für den ORF eine eklatante Benachteiligung für die privaten Mitbewerber, die 2012 sinkende Werbeeinnahmen befürchten müssen. Während unsere Erlösbasis durch die aktuelle Krise gefährdet ist – was für sich alleine schon einen Vorteil für den ORF darstellen würde – lässt die Politik dem ORF sogar noch mehr Geld zukommen.“, so Schweighofer.
Kein Verständnis für eine Gebührenerhöhung zeigt auch Corinna Drumm, Geschäftsführerin des VÖP: „Betrachtet man die letzten 30 Jahre, in denen die Inflation um durchschnittlich 2,6% pro Jahr angestiegen ist, dann stellt man fest, dass die Einnahmen des ORF aus Programmentgelten stärker angestiegen sind, nämlich um 4,1%! Damit sind die Gebühreneinnahmen des ORF deutlich stärker gewachsen als die Inflation. Nun wieder eine Gebührenerhöhung zu fordern, hat also mit einer sogenannten ‚Teilvalorisierung‘ überhaupt nichts zu tun. Zu befürchten steht vielmehr, dass nun noch mehr Geld für die unverhältnismäßige Unterhaltungsprogrammierung ausgegeben wird.“
Auch Ludwig Bauer, Geschäftsführer von ATV und zweiter stellvertretender VÖP-Vorsitzender, konstatiert eine völlige Fehlentwicklung: „Der VÖP hat unlängst aufgezeigt, dass die Programmstruktur der TV-Sender des ORF extrem unterhaltungslastig ist. Damit ist insbesondere das öffentlich-rechtliche ORF eins noch kommerzieller orientiert als viele Privatsender! Dennoch verlangt der ORF noch mehr Gebührengelder, die ja eigentlich der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags dienen sollen. Damit geht die Schere noch weiter auf. Der ORF muss in seiner kommerziellen Orientierung eingebremst und auf den öffentlich-rechtlichen Auftrag fokussiert werden.“
Christian Stögmüller, Geschäftsführer von Life Radio und Leiter des Board Radio im VÖP, unterstreicht die Forderung nach Werbebeschränkungen für den ORF:“Es kann und darf keine Erhöhung der Gebühreneinnahmen des ORF geben, wenn nicht vorher dessen Vermarktungsmöglichkeiten eingeschränkt werden! Der ORF verfügt mit 900 Millionen Euro über etwa drei Mal so viel Finanzmittel wie alle Privatsender zusammen. Gleichzeitig ist er in seinen Vermarktungsmöglichkeiten im Vergleich zu den Privatsendern faktisch kaum eingeschränkt. Jede Gebührenerhöhung ohne gleichzeitige Werbebeschränkung führt zu einer Benachteiligung der Privatsender und ist damit ein Frontalangriff auf den dualen Rundfunkmarkt.“
Der Verband Österreichischer Privatsender spricht sich daher geschlossen dagegen aus, dem ORF noch weitere Gebührenmittel zukommen zu lassen, wenn nicht vorher dessen Vermarktungsmöglichkeiten klar und entscheidend eingeschränkt werden. „Die Politik muss ihre Verantwortung gegenüber dem ORF, vor allem aber gegenüber den Gebührenzahlern ernst nehmen.“, so Schweighofer abschließend. „Dem ORF einfach immer mehr Geld zu geben, ist keine zukunftsfähige Lösung. Die Politik muss den ORF vielmehr dazu anhalten, seine Hausaufgaben zu machen und sich strukturell besser aufzustellen. Langfristig ist ein echtes und sauberes duales System nur dann möglich, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk zur Gänze werbefrei wird!“, so Schweighofer.
(Quelle: Geschäftsberichte des ORF)