Der Rundfunkmarkt in Österreich wird seit seiner Liberalisierung von einem Anbieter dominiert, dem Österreichischen Rundfunk. Als öffentlich-rechtlicher Anbieter genießt der ORF das Privileg, den überwiegenden Teil seiner Angebote aus öffentlichen Gebühren („ORF-Beitrag“) finanzieren zu können. Verglichen mit öffentlich-rechtlichen Anbietern anderer EU-Staaten wurde dem ORF ein sehr großer Freiraum in der Programmgestaltung und in der Vermarktung seiner Angebote eingeräumt. Diesen nutzt der ORF dazu, nicht nur als öffentlich-rechtlicher Anbieter, sondern auch als kommerzieller Wettbewerber auf dem Markt aufzutreten. In seinem Radiosender Ö3 und im TV-Hauptprogramm ORF 1 bietet der ORF fast ausschließlich bzw. überwiegend kommerzielles Programm. Er ist zudem auf dem Werbemarkt äußerst aktiv und aufgrund seiner dominanten Marktposition kommerziell erfolgreich.
Das Problem ist, dass dieser kommerzielle Markterfolg des ORF mit hohen staatlichen Gebühren erkauft wird. Das verursacht eine starke Verzerrung des Wettbewerbs in Österreich zulasten aller privatwirtschaftlich tätigen Marktteilnehmer. Diese Konkurrenzsituation macht die Herausbildung eines wirtschaftlich robusten, privaten Rundfunksektors in Österreich schwierig bis unmöglich. Das schadet nicht nur der österreichischen Wirtschaft, sondern auch der österreichischen Bevölkerung, weil vielfältige Informations- und Unterhaltungsangebote von voneinander unabhängigen Rundfunkveranstaltern eine wichtige gesellschaftliche Funktion erfüllen. Das Funktionieren des dualen Rundfunkmarktes in Österreich setzt eine wirksame Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Angeboten voraus.
Die Ausweitung des ORF-Online-Auftrags durch die Änderung des ORF-Gesetzes im Jahr 2023 hat das Problem der mangelhaften Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Angeboten hingegen verschärft, denn die TV- und Radioinhalte des ORF können seit Anfang 2024 mit nur wenigen Beschränkungen online angeboten und abrufbar gemacht werden. Damit wird sich die wirtschaftlich angespannte Situation für private Medienunternehmen im Onlinebereich noch weiter zuspitzen.
Der VÖP fordert daher, dass die Austauschbarkeit der kommerziell gestalteten ORF-Programmangebote, insbesondere von Ö3 und ORF 1, mit privaten Rundfunkangeboten beendet werden muss. Wir fordern gesetzliche Vorgaben, die eine öffentlich-rechtliche Programmgestaltung durchgehend, also in jedem einzelnen ORF-Programm, sicherstellen, so wie es in anderen EU-Staaten, wie z.B. Deutschland und Frankreich, und im Vereinigten Königreich üblich ist. Und wir fordern eine deutliche Senkung des Werbeanteils in den ORF-Programmen und -Angeboten. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben Programme, die vor allem aus kommerziell orientierten Inhalten bestehen und einen überdurchschnittlich hohen Werbeanteil aufweisen, nichts verloren. Es liegt an den für Medienpolitik Verantwortlichen, auch in Österreich für wirksame Grenzen im dualen Markt zu sorgen.