17.06.2010. In der heutigen Sitzung des Nationalrats wurde ein ORF-Gesetz beschlossen, das vom Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) aufs Schärfste kritisiert wird. Einerseits lässt die Politik dem ORF damit mehr Gebührenmittel

aus dem Staatshaushalt zukommen. Andererseits wurden die Werbemöglichkeiten des ORF dramatisch ausgeweitet. Regionale TV-Werbung, die dem ORF bisher aus Gründen des Wettbewerbsschutzes verboten war, wurde zugelassen. Dadurch wurde dem ORF Zugang zu einem Werbemarkt gewährt, der bisher regionalen Medien vorenthalten war. Die Einführung von regionaler Werbung für den ORF entspricht einer signifikanten Ausweitung der täglichen Werbezeit. Zudem soll der ORF im Bereich von Product Placement oder etwa bei Sportübertragungen mehr Werbung zeigen dürfen.

Im Ergebnis führt dies dazu, dass der ORF, der schon bisher über mehr als drei Mal so viel Mittel wie alle privaten Rundfunksender zusammen verfügte, in Zukunft auf noch mehr Gelder zurückgreifen kann: Zum einen bei den leistungsunabhängigen und krisenresistenten Gebührenmitteln, zum anderen auch bei den Werbegeldern, die die einzige Finanzierungsquelle für Privatsender sind. Dieses Gesetz führt somit zu einer noch stärkeren Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der österreichischen Privatsender, die vom VÖP scharf kritisiert wird. Eine genaue wettbewerbs- und beihilfenrechtliche Prüfung, die ggf. zu einer erneuten Beschwerde bei der Europäischen Kommission führen wird, ist bereits eingeleitet.

Völlig unverständlich ist für den VÖP zudem die gesetzliche Regelung, wonach ein Kunde, der im regionalen ORF-TV wirbt, in gleichem Ausmaß bei anderen, „zu Rundfunk komplementären Medienunternehmen“ werben muss. Durch diese klar verfassungswidrige Formulierung werden Privatsender explizit ausgeschlossen und andere Medien, insbesondere Printmedien, klar gesetzlich bevorzugt.

Kritik übt der VÖP außerdem am Gesetzwerdungsprozess: Vor sechs Monaten wurde ein Gesetzesentwurf in Begutachtung geschickt, und buchstäblich in letzter Minute wurde dieser um einen derart wesentlichen Punkt mit extrem negativen Auswirkungen auf den gesamten Rundfunkmarkt ergänzt. Dies bestätigt, dass das Begutachtungsverfahren nicht mehr als ein Feigenblatt war.

„Die Privatsender sind zur Stunde fassungslos ob dieser medienpolitischen Katastrophe“, kommentiert Corinna Drumm, Geschäftsführerin des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP). „Wir können nicht verstehen, warum die Medienpolitik unsere Warnungen schlicht ignoriert. Doch damit nicht genug: In den letzten 10 Tagen haben 15.000 Menschen unsere Petition ‚NEIN zu mehr Werbung im ORF! NEIN zum ORF-Gesetz!‘ unterzeichnet, 16.000 Menschen haben uns via Facebook unterstützt. Diese Menschen müssen – ebenso wie wir – zur Kenntnis nehmen, dass die Politik unabhängig davon ihre eigenen Ziele verfolgt.